Aus Überzeugung besser

Aus Überzeugung besser

Zeitgemäßes Management bedeutet: Digital Leadership. Hierarchien werden immer flacher; es gilt, Macht abzugeben und umzuverteilen. Für Führungskräfte heißt das, einfach los- und auch mal die anderen machen lassen. Das klingt einfacher als es ist, macht sich aber auf jeden Fall bezahlt.

Hinter dem Team stehen statt davor

Es liegt sicher auch daran, dass Digital Leadership mit der klassisch gereiften Managementkarriere nicht mehr viel zu tun hat. Auch digitale Leader führen, aber sie sind flexibel, übernehmen Rollen und stellen eigene Interessen hinten an. Sie stehen sprichwörtlich hinter ihren Teams und nicht mehr davor. Für alle Manager*innen, die in klassischen Unternehmen groß geworden sind, heißt das, gleich mehrfach umzudenken: Es geht nicht mehr darum, nach oben zu streben, sondern eher seitwärts. Nicht der Einzelne agiert im Rampenlicht, sondern das ganze Team. Ganz neue Fähigkeiten sind gefragt: sich zurücknehmen, empathisch sein, gut zuhören und vor allem den Mut haben, Verantwortung auch einmal abzugeben.

Doch wer in eine Führungsrolle nach altem Muster reingewachsen ist, hat diese Qualitäten – alle übrigens eher in der rechten, emotionaleren Hirnhälfte verankert – eher vernachlässigt. Stattdessen stehen sogenannte linkshemisphärische, eher rationale Eigenschaften ganz oben: zahlen- und faktenorientiert sowie analytisch vorgehen, fordernd sein, klare Linien aufzeigen, andere korrigieren und ermahnen. Emotionalität, so haben sie gelernt, hat hier keinen Platz.

Alte Verhaltensmuster überwinden

Viele macht das unsicher: „Wie kann ich etwas leisten, was ich nicht beherrsche – und was mir womöglich auch gar nicht entspricht?“ In der Folge rutschen nicht wenige Führungskräfte schnell wieder in alte Verhaltensmuster. Andere geraten in eine echte Krise, geben aber immerhin offen zu, dass sie durch die neuen Bedingungen verunsichert und ratlos sind.

Die Frage, die sich für sie stellt, lautet: Ist Digital Leadership oder neues Führen trotzdem erlernbar? Meine Antwort lautet: Ja, aber es wird definitiv für jede*n zu einer persönlichen Herausforderung. Denn es gibt eine ganze Reihe von Faktoren, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.

Es beginnt mit der eigenen Einstellung. Wer nur die negativen Seiten sehen will und obendrein an sich selbst zweifelt, hat sich gleich doppelt zum Gegner. Dagegen hilft, sich klarzumachen, dass es etwas zu gewinnen gibt. Man ist zum Beispiel nicht länger Alleinentscheider, sondern die Verantwortung ruht auf mehreren Schultern. Außerdem gibt es die Möglichkeit, viel Neues auszuprobieren – vor allem an und mit sich selbst. Darüber hinaus kann es auch eine Entlastung sein, nicht dauernd im Rampenlicht stehen zu müssen.

Alle müssen mitmachen

Ein anderer wichtiger Punkt: Das Setting muss stimmen. Es nützt überhaupt nichts, mit den richtigen Überzeugungen in ein Unternehmen zu kommen, wenn dort niemand nach neuen Regeln spielt. Wir erleben es immer wieder mit Führungspersonen, dass der ohnehin steinige Weg, Veränderungen schaffen zu wollen, innerhalb alter Strukturen besonders brutal wird. Nur wenigen gelingt es dann, dort länger zu überleben.

Im umgekehrten Fall – das Team ist zu Veränderungen bereit, hat vielleicht selbst schon Schulungen bekommen – entscheidet oft die eigene Glaubwürdigkeit. Wer nur Charts auflegt und die neue Stoßrichtung verkündet, sieht alt aus. Mitarbeiter*innen betrachten Sie als vertraute*n Vorgesetzte*n, die*der jetzt ganz anders agiert. „Plötzlich sollen wir uns duzen und offen die eigene Meinung sagen – was ist denn jetzt los?“ Digital Leadership als neuer Führungsansatz erfordert immer auch gut nachvollziehbare Erklärungen – also schaffen Sie Transparenz.

Erleben statt nachlesen

Auch wir bei XU sind früher auf klassischen Management-Wegen gegangen. Heute haben wir neue Begleiter*innen an Bord, die freier denken und andere Methoden beherrschen. Wir haben aus der eigenen Erfahrung gelernt, dass Erlebtes weit mehr hilft als zahllose Charts oder Lehrbücher. Bei der Neuausrichtung spiegeln wir Führungskräften in Rollenspielen, wie sie agieren und wo es noch fehlt. Manche sind über die eigenen Defizite bestürzt oder hatten die eigenen, vermeintlich flachen Hierarchien unterschätzt. In der Simulation gehen wir mit ihnen in die direkte Auseinandersetzung, holen sie aus der Komfortzone. Denn Menschen sind Gewohnheitstiere: Nur wer es wirklich muss, bewegt sich, etwa bei Rückschlägen durch Krankheit. Oder bei ausreichend dauerhaften Impulsen von außen – steter Tropfen höhlt den Stein.

Vor allem aber wollen wir Mut und Lust auf Veränderung machen. Es kann nur nach vorn gehen, nicht mehr zurück. Neue Generationen von Mitarbeitenden haben mittlerweile ganz andere Erwartungen: Sie wollen mitgestalten und mitbestimmen. Bei Meinungsverschiedenheiten dann noch den harten Kerl zu geben, führt nur dazu, gute Leute schnell wieder aus dem Unternehmen zu treiben. Und das kann sich heute niemand mehr leisten. 

Schaffen Sie sich das richtige Umfeld!

Stattdessen empfehlen wir, den Weg des Neuen nicht allein zu gehen und sich ein förderndes, vertrauensvolles Umfeld mit partnerschaftlichen Kolleg*innen an der Seite aufzubauen. Holen Sie sich kompetente Mitstreiter*innen mit der richtigen Denke, denen Sie vertrauen können und die womöglich schon beherrschen, was Sie noch lernen wollen. Übung macht nun mal den Meister – oder die Meisterin.

Erst wer sich selbst für Veränderung begeistern kann, dem gelingt es auch, andere auf diesen Weg mitnehmen. Vor einigen Tagen sprach ich mit einem Manager, der neu in ein Unternehmen eingestiegen ist, in dem er etwas bewegen möchte. Sein Ansatz: „Ich will, dass wir gemeinsam ein cooles Produkt entwickeln. Und ich will, dass die Menschen im Unternehmen die Chance bekommen, dieses Produkt aktiv mitzugestalten.“ Das klingt dann doch ganz anders als „Ich führe 10.000 Menschen in dieser Organisation und wir arbeiten am Thema XY“. Oder?

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